Ich habe ein bisschen überlegt, ob ich an der Blogparade von Anita Griebl ebenfalls teilnehmen soll, doch das Thema hat sich immer wieder in meine Gedanken geschlichen und nun möchte ich auch dazu schreiben: Der Titel der Blogparade ist „Aufgebraust: Welche Strategie verwendest du, um deine Wut abzubauen?“
Inhaltsverzeichnis
Die Wut erstmal erkennen
Im letzten Blogbeitrag habe ich über Human Design und meinen Weg dahin geschrieben. Und Human Design gehört auch zu meinem persönlichen Weg mit Wut. Warum? Als ich Human Design kennengelernt habe, habe ich auch erfahren, dass ich Manifestorin bin mit emotionaler Autorität. Das bedeutet zum einen, dass ich emotionale Höhen und Tiefen in mir erlebe und zum anderen, dass mein „Nicht-Selbst-Thema“, also das Gefühl, das mir zeigt, dass ich nicht auf meinem Weg unterwegs bin, Wut ist.
„Emotionale Hochs und Tiefs? Quatsch, ich bin doch immer gut drauf. Wut? Nee, wütend bin ich eigentlich selten“ Das war mein erster Gedanke. Heute muss ich sehr lachen, wenn ich daran denke, dass ich jemals geglaubt habe, keine emotionale Achterbahn und keine Wut in mir zu kennen. Denn ab diesem Zeitpunkt habe ich mich mehr und mehr beobachtet und festgestellt: Doch, es gibt sie diese Höhen und Tiefen. Und auch die Wut habe ich mehr und mehr beobachtet und entdeckt.
Was mir dabei aufgefallen ist: Ich habe die Wut lange unterdrückt bzw. versteckt oder auch nicht so groß werden lassen. Ja, ich habe mich mal über etwas aufgeregt und ja, ich war auch mal wütend, aber irgendwie war das alles sehr gehemmt und gedämpft.
Und ich finde das ist etwas ganz Wichtiges im Umgang mit der eigenen Wut: Erstmal zu erkennen, wann ich überhaupt wütend bin und die Wut auch von anderen Gefühlen unterscheiden zu können. Das erlebe ich auch immer wieder in meinen Coachings: Wut wird weggedrückt, unterdrückt oder gegen sich selbst gewendet. Oft aus Angst vor der Wut oder weil wir uns nicht erlauben wütend zu sein.
Sich selbst beobachten
Um mit der eigenen Wut einen guten Umgang zu finden, müssen wir die Wut erstmal entdecken. Und dazu ist es gut, sich selbst in vielen Situationen zu beobachten. Was macht diese Situation mit mir? Welche Emotionen löst sie in mir aus? Was genau nervt mich und macht mich wütend?
Vielleicht entdeckst du – wie ich – bei dieser Beobachtung erstmal, dass du deine Wut noch gar nicht wirklich zulässt. Doch ohne die Wut zuzulassen können wir sie auch nicht wirklich loslassen. Das ist wie mit Vergebung: Solange du den Vorwurf in dir nicht zulässt, kannst du auch nichts vergeben.
Beim Sicht-Selbst-Beobachten hilft es übrigens total, sich Zettel und Stift oder das Journal zu schnappen und mal aufzuschreiben: „Wie fühle ich mich gerade?“ bzw. „Wie habe ich mich in der Situation gefühlt“. Durch das Aufschreiben gibst du auch den unterbewussten Gedanken in dir Raum. Und vielleicht bist du sogar überrascht, was da hochkommt.
Alternativ oder zusätzlich kannst du auch enge Freunde, Familienmitglieder oder deine*n Partner*in bitten, dich darauf hinzuweisen, wenn sie Wut bei dir wahrnehmen. Manchmal passieren kleine Wut-Reaktionen ganz automatisch. Vor allem bei den Manifestor*innen unter uns.
Die Wut zulassen - wie geht das eigentlich?
Wut gefunden, schön und gut. Und jetzt? Wie geht das mit dem Zulassen? Wie kannst du diese Wut verarbeiten?
Um die Wut zuzulassen war es für mich super hilfreich meine Bewertungen und Gedanken in Bezug auf das Wütend sein zu klären. Ich habe lange in mir eine tiefe Wut gespürt, aber einfach keinen Weg gefunden, sie rauszulassen. Bis ich hingeschaut habe, warum das so ist: Ich hatte aufgrund einer alten, karmischen Erfahrung Angst davor, die Wut in mir zuzulassen.
Als ich diese Erfahrung gelöst hatte, konnte ich schon viel mehr von der Wut zulassen, zuerst vorsichtig, dann immer besser. Aber ich beobachte mich immer noch und finde immer wieder neue Weg und entdecke neue Aspekte der Wut.
Wut im Familiensystem
Und dann kam da noch ein anderer Faktor: Ich muss doch angepasst und brav sein, um meiner Familie nicht noch mehr zuzumuten. Als Frau kann ich doch nicht wütend sein. Wem sollte ich das denn zumuten? Wen sollte ich damit denn belasten?
Glaubenssätze und Überzeugungen, die durch meine Familiengeschichte geprägt waren. Wut als „negative“ Emotion, die nichts Gutes verheißt. Vielleicht sogar unbewusst übertragenen Prägungen, dass Wut gefährlich ist und Unheil anrichtet.
Da der Kern meiner Arbeit systemische Familienaufstellungen sind und ich mich inzwischen schon seit vielen Jahren mit Familiengeschichten und ihrem Einfluss auf uns beschäftige, kann ich im Hinblick auf das Thema Wut vor allem sagen: Schau dir nicht nur deine Wut an, sondern auch das Thema Wut (oder eben nicht wütend sein) in deinem Familiensystem (Was das Familiensystem ist beschreibe ich dir in diesem Blogartikel zum Thema „Was ist ein System?“)
Frage dich doch mal:
- Was glaube ich über Wut/wütende Menschen?
- Habe ich schlechte Erfahrungen mit Wut gemacht?
- Durfte man in meiner Familie wütend sein? Oder musste ich immer angepasst sein?
- Was glaube ich passiert, wenn ich meine Wut zulasse?
- Habe ich Angst vor meiner Wut? Oder Angst davor, wer ich bin, wenn ich wütend bin?
Die Antworten auf diese Fragen geben dir Aufschluss darüber, wie du mit deiner Wut bisher umgehst. Und sie zeigen dir, was du vielleicht ändern willst.
Wut als bahnbrechende Emotion
In vielen Familiensystemen gibt es Menschen, die ihre Emotionen unterdrücken. Oft passiert das, weil die Emotionen, die da sind, zu schrecklich und schmerzhaft sind, um sie zu fühlen (z.B. bei jemandem der einen großen Verlust erlitten hat oder z.B. im Krieg war).
Die einzige Emotion, die wir nicht vollständig unterdrücken können, ist die Wut. (Mehr zu diesem Thema findest du auch im Blogartikel zum Thema „Ich bin so wütend auf das Leben!“) Wenn wir alles unterdrücken, ist es wie bei einem brodelnden Vulkan: Irgendwann bricht er aus und die Emotionen brechen sich Bahn. Und die Emotion, die das schafft ist Wut. Wenn sie allerdings so ausbricht, ist das oft sehr heftig. Und genau das ist es, was uns an Wut Angst machen kann.
Es ist also gut, vorher Wege zu finden, die eigene Wut auf gesunde Weise auszudrücken. Wie ich das mache, beschreibe ich dir jetzt.
Was steckt hinter der Wut?
Wenn ich spüre, dass ich wütend bin (und es nicht gerade daran liegt, dass mich jemand beim Schreiben unterbricht oder meine Haare sich z.B. beim Flechten nicht so verhalten, wie ich das will), frage ich mich zuerst: Was macht mich gerade wütend?
Entweder schreibe ich das auf, spreche mit einem anderen Menschen darüber oder nehme mir wirklich die Zeit, in Ruhe da rein zu spüren. Schreiben oder reden hilft mir am besten, auch wenn ich z.B. einfach laut vor mich hinrede. Wenn ich nur darüber nachdenke, springen meine Gedanken schnell woanders hin.
Und wenn ich weiß, welche Situation der Auslöser war, frage ich mich: Was steckt hinter meiner Wut?
Hinter Wut stecken oft andere Gefühle: Scham, Trauer, Hilflosigkeit/Ohnmacht, Schmerz, Verletztheit. Doch das zu fühlen ist oft wirklich unangenehm und deshalb drücken wir das gerne weg. All diese Gefühle lassen uns uns ausgeliefert fühlen. Und in einer Gefahrensituation auch bewegungsunfähig.
Aus Überlebensinstinkt fühlen wir lieber die Wut. Denn die macht uns zumindest aktiv und handlungsfähig. Fight or flight statt freeze. Aber eben auch: Kämpfen oder flüchten. Und das ist auf Dauer weder schön noch hilfreich.
Wenn ich erkannt habe, dass hinter meiner Wut eigentlich ein anderes Gefühl steckt, gebe ich diesem Gefühl erstmal Raum. Ich erkenne es an. Und damit allein wird es meist schon leichter.
Gefühle verarbeiten
Inzwischen habe ich in vielen Situationen gelernt, mir selbst Halt zu geben und mein Nervensystem zu beruhigen. Ich weiß, wie ich mir einen sicheren Ort erschaffe, in dem ich all diese Gefühle zulassen kann. Das geht nicht immer und nicht sofort, aber es wird immer leichter. Doch das war ein Weg und noch vor ein paar Jahren, hätte ich die innere Kapazität dafür nicht gehabt. Wie genau diese Momente dann aussehen, ist immer wieder unterschiedlich.
Wenn das nicht hilft (oder bevor ich diese innere Kapazität entwickelt habe), lasse ich mir von anderen Menschen helfen. Entweder bespreche ich meine Gefühle mit einem lieben Menschen und teile mich mit. Damit gebe ich mir und meinen Gefühlen den Raum zu sein. Denn alle meine und alle deine Gefühle dürfen sein. Wichtig dafür: Such dir Menschen, die dir Raum geben, statt direkt etwas verändern zu wollen. Darum geht es nicht, sondern erstmal ums Zulassen.
Wenn die Gefühle sehr intensiv sind und ich sie alleine nicht lösen kann, lasse ich mich coachen, um die Ursache dahinter zu lösen. Immer dann, wenn wir sehr heftig auf etwas reagieren, dann steckt etwas (Altes) dahinter – „If you are hysterical, it`s historical“.
Wut verarbeiten
Was aber, wenn hinter der Wut kein anderes Gefühl steckt und ich einfach wütend bin? Oder wenn zwar etwas Anderes dahintersteckt, die Wut aber sehr groß ist und ich sie erstmal loslassen muss, um an das dahinter heranzukommen?
Auch dafür habe ich Wege für mich gefunden:
- In ein Kissen boxen (gerne dabei auch aussprechen, was scheiße ist)
- Einmal alles so richtig rausmeckern
- Die passende Playlist anmachen und laut mitsingen/schreien
- Es rausschreien
- Die Person, die mich wütend gemacht oder verletzt hat darauf ansprechen und Grenzen setzen
- Tapping/EFT (Emotional Freedom Technique)
Und ganz wichtig: Meine Eigenverantwortung übernehmen und schauen, was ich beim nächsten Mal anders machen kann, welche Grenzen ich setzen darf und was mein Anteil an der Situation ist.
Wie sieht dein Umgang mit Wut aus?
Es gibt bestimmt noch viele andere tolle Wege. Schreibe mir doch gerne mal in die Kommentare, welche Wege du für dich gefunden hast!
Oder du schaust mal bei der Blogparade von Anita Griebl vorbei und schaust dort in den Kommentaren. Da findest du eine ganze Sammlung von Blogartikeln, die sich genau mit diesem Thema beschäftigen.
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Herzlichen Dank, liebe Kiren, für deinen sehr wertvollen und informativen Beitrag zu meiner Blogparade. Sehr interessant finde ich die Wut als bahnbrechende Emotion, die du beschrieben hast. Deine Strategien sind für andere Menschen sehr gut in den Alltag zu integrieren.
Herzliche Grüße von Anita
Liebe Anita,
danke für deine lieben Worte!
Ja, tatsächlich erlebe ich Wut immer wieder als die eine Emotion, die durchbricht, auch bei Menschen, die alle anderen Emotionen unterdrückend. Und das Wort „bahnbrechend“ kam mir so beim Schreiben. Ich empfand es als sehr passend 🙂
Liebe Grüße,
Kiren