Das 1×1 der Familienaufstellungen – Zugehörigkeit

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Zugehörigkeit - Familienaufstellungen

In Familiensystemen (und jedem anderen System) wirken drei Grundprinzipien oder sogenannte Grunddynamiken: Zugehörigkeit (Bindung), Ordnung (Rang) und Ausgleich. Diese Grunddynamiken bilden das Grundgerüst eines jeden Systems. Eine Störung einer der Grunddynamiken führt zu einer Verstrickung.

Inhaltsverzeichnis

Warum ist der Wunsch nach Zugehörigkeit für uns so wichtig?

In jedem von uns gibt es den inneren Wunsch nach Zugehörigkeit. Wir wollen dazu gehören, wollen wahrgenommen werden, wollen ein Teil des Ganzen sein. Manchmal um jeden Preis.

Der Grund dafür ist einfach: Ohne Zugehörigkeit können wir nicht überleben. Zumindest in den ersten Jahren unseres Lebens nicht. Würden wir nach unserer Geburt direkt uns selbst überlassen, würden wir sterben. Wir benötigen Hilfe von anderen Menschen. Menschen, die uns versorgen, unser Überleben sichern. Menschen, für die wir dazu gehören.

Ab einem gewissen Alter können wir uns zwar selbst versorgen, die Zugehörigkeit verliert allerdings nicht an Wichtigkeit. Denn ohne zwischenmenschliche Kontakte würden wir weniger gut überleben können. Vielleicht auch gar nicht.

Doch selbst wenn es nur in den ersten Jahren unseres Lebens tatsächlich überlebensnotwenig gewesen ist, ist genau das in uns verankert: „Ich überlebe, wenn ich dazugehöre.“ Oder andersherum: „Ich sterbe, wenn ich meine Zugehörigkeit verliere.“

Prinzipiell gilt: Es ist für unser Überleben wichtig, unsere Zugehörigkeit zu wahren.
Ein Beispiel, an dem wir alle sehr gut sehen konnten, wie wichtig Zugehörigkeit für jeden von uns ist, ist die Corona-Pandemie. Hier ging es viel um Ausgrenzung und Zugehörigkeit und das hat unglaublich viele verschiedene emotionale Reaktionen ausgelöst.

Was bedeutet Zugehörigkeit innerhalb eines Systems?

Wir sind immer mindestens einem System zugehörig: unserer Familie. Und zwar ab dem Zeitpunkt unserer Zeugung, wir müssen nichts dafür tun. Durch unser Sein gehören wir zum Familiensystem. Auch wenn wir irgendwann weit weg ziehen und den Kontakt abbrechen. Die energetische Verbindung bleibt immer bestehen.

Das wird zum Beispiel deutlich, wenn sich in einer Familienaufstellung plötzlich eine tiefe Verbundenheit mit Verwandten zeigt, die wir nie persönlich kennengelernt haben, wie z.B. eine Schwester der Großmutter oder der Urgroßvater.

Gleichzeitig bedeutet das auch, dass unser Familiensystem immer eine Wirkung auf uns hat. Wir gehören zum System und was im System passiert, wirkt auf alle Mitglieder des Systems. Mal sehr deutlich, mal nur ganz entfernt und kaum wahrnehmbar. Es ist wie bei einem Mobile: Bewegt sich ein Teil, werden sich alle anderen Teile irgendwann auch bewegen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Vielleicht nur leicht, vielleicht dauert es eine Weile, doch die Bewegung folgt.

(Wodurch) Können wir unsere Zugehörigkeit verlieren?

Gleich vorneweg: Im Grunde genommen können wir unsere Zugehörigkeit nicht verlieren. Zumindest nicht zum Familiensystem, denn dort werden wir hineingeboren und erlangen dadurch unsere Zugehörigkeit.

Bei einer Arbeitsstelle bzw. dem Arbeitssystem sieht das natürlich schon anders aus. Wir können gekündigt werden oder selbst kündigen und sind damit nicht mehr Teil des Systems. Wir haben dann unsere Zugehörigkeit zum System verloren oder abgegeben. Ebenso, wenn wir den Freundeskreis wechseln. Wir gehören dann nicht mehr zum alten Freundeskreis. Diese Entscheidungen können wir frei treffen.

Bleiben wir aber erstmal beim Familiensystem, denn das ist das System, das den stärksten Einfluss auf uns hat:
Es kann passieren, dass jemandem seine Zugehörigkeit zum Familiensystem verwehrt wird, indem er oder sie zum Beispiel aus der Familie verstoßen wird oder indem nicht mehr über sie/ihn geredet wird.

Was können die Gründe dafür sein?

Manchmal wird bzw. wurde jemand bewusst aus dem Familiensystem ausgeschlossen, zum Beispiel, weil er/sie das „schwarze Schaf“ in der Familie war.
Die Gründe dafür konnten und können vielfältig sein:

  • Schlimme Taten
  • Geisteskrankheiten
  • Homosexualität
  • Hat nicht den Vorstellungen der Eltern entsprochen, vielleicht eine frühe Elternschaft, die „falsche“ Partnerwahl, o.Ä.

Manchmal wird jemand auch unabsichtlich aus dem Familiensystem ausgeschlossen, indem nicht über sie/ihn gesprochen wird.
Häufig ist das der Fall, wenn es eine Fehlgeburt gab. Es kann sein, dass der Schmerz so groß ist, dass nicht darüber gesprochen wird, weil es zu weh tut. Es kann auch sein, dass die Scham so groß ist, dass nicht darüber gesprochen wird. Vielleicht wird es auch vom Außen als „nicht wichtig“ abgetan und deshalb nicht weiter thematisiert.

In allen dieser Fälle bekommt das Kind, das nicht gekommen ist, keinen Platz in der Familie, obwohl es doch energetisch schon zum Familiensystem gehört.

Weitere Beispiele sind

  • die Trennung von einem wichtigen Partner, der dann nie wieder erwähnt wird,
  • künstliche Befruchtung, bei der der Samenspender nicht mehr thematisiert wird oder auch
  • die Adoption eines Kindes, bei der die leiblichen Eltern ein Tabuthema sind.

Auch wird jemand, der energetisch zum System gehört, nicht als zugehörig angesehen. Wie immer gibt es zahlreiche weitere, individuelle Gründe, warum jemand unbeabsichtigt ausgeschlossen wird.

Wie jemand die Zugehörigkeit verlieren kann

Ab unserer Zeugung gehören wir energetisch zum Familiensystem. Diese Zugehörigkeit können wir nicht mehr verlieren, auch wenn wir verstoßen werden.

In seltenen Fällen kommt es allerdings vor, dass jemand die Zugehörigkeit tatsächlich auch energetisch verliert. Das hat oft eine schwere Schuld als Grund, zum Beispiel Missbrauch oder Mord. Derjenige hat dann seine Zugehörigkeit verwirkt.

Diese Aussage gilt nicht allgemein für jedes Familiensystem. Es ist auch nicht so, dass jemand von außen das Verlieren der Zugehörigkeit bestimmt. Es zeigt sich zum Beispiel in einer Familienaufstellung, ob das der Fall ist.

Welche Auswirkungen kann der (drohende) Verlust der Zugehörigkeit haben?

Hier würde ich gerne zwei Fälle unterscheiden:

1. Die Angst, die Zugehörigkeit zu verlieren

Oft ist es die innere Angst, die Zugehörigkeit zu verlieren, die uns (unbewusst) dazu veranlasst, Dinge zu tun, die wir eigentlich gar nicht wollen.

Ein Beispiel:
In einer Familie sind alle „normale“ Arbeiter, keiner verdient das große Geld. Nun gibt es ein Familienmitglied, das einen tollen Job gefunden hat, indem es richtig viel Geld verdient. Es kann nun passieren, dass er/sie zwar viel verdient, das Geld aber immer wieder schnell ausgibt. Es ist also nie mehr da als bei denen, die nicht so viel verdienen. Äußerlich scheint er/sie einfach nicht mit Geld umgehen zu können.
Innerlich kann allerdings die Angst dahinterstehen, die Zugehörigkeit zur Familie zu verlieren, wenn man auf einmal viel mehr Geld hat. Also lieber schnell wieder weg mit dem Geld.

Dieses Beispiel lässt sich auf alle Lebensbereiche anwenden. Immer dann, wenn es darum geht, etwas anders zu machen als es bisher in der Familie war. Ob im Kleinen oder im Großen. Das kann übrigens auch ein Namenswechsel bei der Heirat sein. Hier kannst du nachlesen, was das bedeutet (und dass du auch durch einen Namenswechsel deine Zugehörigkeit nicht verlierst).

Und hier findest du meinen Blogpost zum Thema Ambivalenz zwischen deinen Träumen und der Loyalität zur Familie.

Ein weiterer großer Faktor für die Zugehörigkeit war (und ist oft immer noch) der Glaube bzw. die Religion.

2. Ein Familienmitglied, das seine Zugehörigkeit verloren hat/dem die Zugehörigkeit verwehrt wurde

Ist es nun so, dass einem Familienmitglied seine Zugehörigkeit verwehrt wurde (ob absichtlich oder unabsichtlich), kann das gleichzeitig eine Verschiebung der Ordnung in der Familie zur Folge haben. Was das konkret bedeutet und wie sich das zeigen kann, darauf gehe ich in einem eigenen Blogpost zum Thema Ordnung (Rang) ein.

Da wir unsere Zugehörigkeit energetisch nicht verlieren können, gibt es trotzdem weiter wirkende Beziehungen zwischen dem ausgeschlossenen Familienmitglied und dem Familiensystem. Diese zeigen sich auf sehr unterschiedliche Weise.

Kurz und knapp zusammengefasst

  • Zugehörigkeit zum Familiensystem ist für uns überlebenswichtig.
  • Die (energetische) Zugehörigkeit zum Familiensystem können wir nicht verlieren
  • In allen anderen Systemen (Arbeit, Freundeskreis, Nachbarschaft etc.) können wir unsere Zugehörigkeit abgeben oder verlieren.
  • Ein Ausschluss aus der Familie (bewusst oder unbewusst) hat für das gesamte System und seine Dynamiken Folgen.
  • Die Angst, die Zugehörigkeit zu verlieren, kann dir bei der Verwirklichung deiner Ziele im Weg stehen.

Hast du noch Fragen? Schreib sie gerne in die Kommentare oder schreib mir eine E-Mail an hallo@kirendierkes.de

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